Hochsensible (= High Sensitive Persons = HSP) gelten als solche, weil sie die Gefühle ihrer Mitmenschen verstärkt wahrnehmen können. Das Spektrum dieses besonderen Wahrnehmungsvermögens reicht von “hinter die Maske” anderer Menschen blicken bis hin zu futuristischen Vorhersagen (bsw. der Fund eines verschollenen Flugzeugs am Amazonas). Tatsächlich ist das Gehirn eines HSP anders “angelegt” als das eines Nicht-HSP. Hochsensitivität wird als genetische Veranlagung zur erweiterten Wahrnehmung von Gefühlen, Stimmungen und Geräuschen gesehen.

Dieser “sechste” Sinn der Hochsensiblen ist Fluch und Segen zugleich. Fluch, weil die Hochsensiblen ihn nicht einfach “abstellen” können und Segen, weil er ihnen tiefe Einblicke in die eigene Seele und die Seele ihrer Mitmenschen ermöglicht. Oft werden Beziehungen zu anderen Menschen als tiefgreifender eingeschätzt, als sie wirklich sind. Dies liegt oft daran, dass das Gegenüber nicht diese tiefen Gefühle bzw. den Facettenreichtum derselben erwidert. Hochsensible ziehen sich häufig zurück, da sie erst hier die Möglichkeit haben die vielen Informationen in Bildern zu verarbeiten. Auf andere Menschen wirkt dies häufig wie ein Einzelgängertum und wird deshalb oft als allgemeine Ablehnung von Gesellschaft verstanden. Die wirkliche Ursache für den häufigen Rückzug ist jedoch die Reizüberflutung, unter der Hochsensible bereits leiden, wenn ihre Mitmenschen noch “gelangweilt” sind. So fällt es ihnen schwer, abendliche Verabredungen immer einzuhalten, weil das plötzliche Bedürfnis des Rückzugs dem im Wege steht. Häufig sind Hochsensible besonders kreativ veranlagt und es gelingt ihnen mühelos die Farbenfroheit ihrer Eindrücke in Bild, Wort und Gestalt auszudrücken. In manchen Fällen überschneiden sich Hochsensibilität auch mit einer besonderen Form von Hochintelligenz.  Hochsensible brauchen oft mehr “Verarbeitungszeit” bzw. Rückzug, weil sie es gewohnt sind, in globalen Zusammenhängen zu denken. Wenn dies im Alltag nicht mehr berücksichtigt wird, sind Hochsensible auch anfälliger für Burnout und Depressionen.

Hochsensible handeln verstärkt intuitiv und verzichten so beispielsweise darauf, Bedienungsanleitungen zu lesen. Insgesamt hat das Thema Hochsensibilität in Deutschland erst in den letzten Jahren (im Unterschied zu den USA) an Bedeutung gewonnen. Sich selbst empfinden viele Hochsensible als “komisch”, da sie bereits in der Kindheit bemerken und zu hören bekommen, dass sie “irgendwie anders” und damit “falsch” sind. Für viele ist es deshalb eine Erleichterung, wenn sie herausfinden, dass sie “anders” sind, weil sie hochsensibel sind. So können sie sich selbst besser verstehen und besser Rücksicht auf ihre Bedürfnisse nach Rückzug und Ruhe achten, ohne sich selbst dafür zu verurteilen. Da die Autorin selbst zu den Hochsensiblen zählt, möchte sie die “Erleichterung” über diese Erkenntnis mit anderen HSP und ihren Angehörigen teilen.

 

Written by Renate Weber