Was ist Gelassenheit? Gelassenheit bedeutet für mich in herausfordernden Situationen einen tiefen Atemzug zu nehmen, um erstmal Klarheit zu gewinnen. Es bedeutet für mich, im Umgang mit aggressiven Menschen erst einmal einen Moment lang nichts zu tun. Es ist erwiesen, dass heftige Gefühlsreaktionen auf solche Menschen häufig auf eine Verletzung in der Vergangenheit/Kindheit hinweisen. Ebenso ist es offensichtlich, dass viele Menschen ihre innere Unzufriedenheit (mit sich) bei anderen durch Anschuldigungen „abladen“ möchten. Wenn ich so ein „Manöver“ bemerke, bleibe ich still und beobachte was in mir passiert. Dadurch, dass ich mich schweigend abgrenze, trete ich aus dem ewigen Teufelskreis aus Rechtfertigung und gegenseitiger Abwertung heraus. Es gelingt mir immer wieder und immer mal wieder nicht. Wenn es mir nicht gelingt, werte ich mich dafür nicht ab, denn ich bin eine Übende-jeden Tag meines Lebens. Wenn es mir gelingt, fühlt es sich erst einmal fremd an. Ganz so als hätte ich den anderen tatsächlich doch mit Erklärungen  davon überzeugen können, dass ich in Ordnung bin. Mittlerweile ist mir bewusst, dass es vielmehr darauf ankommt, dass ich mich selbst in Ordnung finde. So kann ich –ähnlich wie im Tai-Chi, den Aggressor durch „innere Stärke“ abwehren, indem ich ihm wenig Angriffsfläche biete und meine Energie bei mir behalte. Hierzu gibt es eine schöne Anekdote aus dem englischen Unterhaus: Ein Lord wurde auf’s Übelste von einem Abgeordneten beschimpft. Er jedoch blieb gelassen und ging still in sich hineinlächelnd weiter. Er wurde daraufhin von einem anderen Abgeordneten angesprochen: „Warum hast du ihm nichts erwidert?“ –„Es war nicht notwendig“, antwortete der Lord daraufhin.

Das wollte ich mit Ihnen, liebe Leser, teilen.

Renate Weber

Was ist „Der Tag des Schrubbers“? Es ist der Tag, an dem ich etwas mehr über das Leben, Fehler und vor allem über das „Schulspiel“ gelernt habe. Als ich 9 Jahre alt war wurde ich von einem Familienmitglied sexuell missbraucht. Seitdem und obwohl es hätte „andersherum“ sein müssen, fühlte ich mich schuldig und schämte mich für die, die ich war. Meine Mutter machte ein Tabu aus „der Angelegenheit“ und wieder glaubte ich, dass es irgendwie meine Schuld gewesen sein musste, denn ich liebte meine Familie und natürlich liebten sie mich auch. Später, als Erwachsene fand ich mich immer häufiger in Situationen wieder (privat und beruflich), in denen Menschen mit dem Finger auf mich zeigten, wenn ich einen Fehler gemacht hatte oder selbst wenn ich keinen Fehler gemacht hatte und sie nur ihre Aggressionen „über mir ausschütteten“. Weil ein Teil in mir immer noch glaubte, selbst schuld zu sein, stand ich zunächst nicht für mich ein. Auf diese Art und Weise war ich das ideale Opfer oder „leichte Beute“ für alle, die ihren inneren Ärger in den jeweiligen Situationen herunterschlucken, aber das „Schuldspiel“ dazu nutzten, dass jemand anderes ihren „inneren Müll“ wegbrachte. Dies war so, bis zu dem Tag des Schrubbers. Es war ein gewöhnlicher Tag, ich stand früh auf, ging mit meinem Assistenzhund Kalle und bereitete mich auf die Arbeit vor. Kurz bevor ich ging, öffnete ich meine Wohnungstür und fand dort einen Schrubber, meine Kehrschaufel gefüllt mit Dreck, meinen Handfeger und einen Brief meiner Nachbarin. Mein Herz sank: Es war Freitag und ich hatte einen vollen Arbeitstag mit den Schülern vor mir, für den ich alle meine Kraft brauchte. Ich wusste, dass, wenn ich den Brief meiner Nachbarin jetzt las er meine Gedanken belasten würden und meine Energie blockieren würde. Entgegen meinem inneren Drang, alles sofort zu lösen, ließ ich alles so wie es war und fuhr in die Schule. Alles klappte gut, bis kurz nach der Mittagspause. Ich stand vor meinen Schülern als plötzlich mein Handy klingelte. Ich hatte Angst, dass irgendetwas mit meinen Eltern war und nahm den Anruf entgegen. Es war der dogwalker, der mit Kalle spazieren ging, wenn ich lange Arbeitstage hatte. Nach einem Streit mit einem anderem Hund war Kalle weggelaufen und hatte mehrmals die Straße überquert. Er hatte schließlich Angst, lief zu dem Dogwalker zurück und ließ sich erleichtert anleinen. Trotzdem wollte der Dogwalker ihn nicht mehr auf seine Hundespaziergänge mitnehmen, weil ihm das Risiko zu hoch war. Ich fühlte mich so, als ob man bei mir den Stecker gezogen hätte: einen Augenblick lang siegte die Überlastung. Dann schlug ich dem Dogwalker vor, ihn nach Schulschluss gleich zurückzurufen, um die Dinge zu klären. Als ich endlich zu Hause ankam, fand ich natürlich wieder den Schrubber, die gefüllte Dreckschaufel und den Brief vor meiner Tür. Kalle begrüßte mich freudig und in diesem Moment wusste ich, dass ich weder den Dogwalker besänftigen würde noch das „Nachbarproblem“ lösen könnte. Nach der anstrengenden Woche war ich einfach zu erschöpft und gereizt. Es war ein wunderschöner Tag und es war das erste Mal, dass ich beschloss, mich nicht sofort „auf die Dinge zu stürzen“, die man mir buchstäblich vor die Füße geworfen hatte. Obwohl alles in mir schrie, einen rechtfertigenden Brief zurück an meine Nachbarin zu schreiben, beschloss ich für mich eine Auszeit. Ich nahm Kalle mit an mein Fahrrad, machte seine Leine an dem Seitenhaken fest und fuhr mit ihm zu den nahegelegenen Seen. Es dauerte eine Stunde, bis wir dort waren. Auf der Rückfahrt ließ ich Kalle in seinem roten Hundeanhänger ausruhen und fuhr uns beide sicher nach Hause. Mein Ärger war verflogen und so las ich den Brief meiner Nachbarin. Sie schrieb, dass sie sich vor dem Treppenhaus ekle, das kurz nachdem die Putzfrau es gereinigt hatte, wieder dreckig war. Seufzend kehrte ich die Treppenstufen ab und reinigte sie von dem Dreck, den ich, mein Hund und die 4 anderen Hunde und der Dogwalker hinterlassen hatten. Ich wusste, ich brauchte den Abend zum Ausruhen und so schrieb ich dem Dogwalker, dass ich die Dinge erstmal überschlafen wollte. Bevor ich erschöpft neben meinem „Ausreißer“ einschlief fragte ich mich, warum meine Nachbarin nicht einfach mit mir gesprochen hatte, anstatt so ein Putzarsenal vor meiner Tür aufzubauen. Warum hatte sich mich aus der Gruppe von den 3 Hundebesitzern ausgewählt? Irgendwo aus meinem Unterbewussten stieg schmerzhaft die Erkenntnis auf, dass derartige Situationen sich wiederholten, weil tief in meinem Inneren und bevor mich jemand anders beschuldigen konnte, gab ich mir dort schon vorsorglich alle Schuld. Es war Montag, als ich endlich meine Nachbarin traf und sie fragen konnte, warum sie mich an diesem Morgen nicht direkt angesprochen hatte. Ich versuchte ihr zu erklären, dass es 5 Hunde im Haus gab, dass ich oft hinter Kalle herputzte aber dass der Hundemann die Hunde während meiner Arbeitszeit abholen würde und seinerseits auch Dreck von seinen Waldspaziergängen mit ins Haus tragen würde. Sie versuchte mich mehrmals zu unterbrechen und wiederholte das, was sie in ihrem Brief geschrieben hatte. Ich versprach ihr, mit den anderen Hundebesitzern zu sprachen und so einen „Putzplan“ zu organisieren. Im Gehen rief sie mir durch die zufallende Eingangstür zu: „Ich will meinen Schrubber zurück!!!“ In diesem Moment begriff ich, dass ja, es gab tatsächlich ein „Dreckproblem“ aber zusätzlich dazu schien auch meine Nachbarin ein Problem zu haben, mit mir und den anderen direkt zu sprechen. Als ich nun den Schrubber neben meiner Tür betrachtete, erkannte ich plötzlich, dass es ja nicht ich gewesen war, die ihn dort platziert hatte und dass es daher auch nicht meine Verantwortung war ihn „zurückzubringen“. So ließ ich ihn einfach neben meiner Tür stehen und war erstaunt darüber, dass meine Nachbarin ihn nicht abholte.  An diesem Tag-dem Tag des Schrubbers-verstand ich, dass  es ein Körnchen Wahrheit in der Kritik der Nachbarin gab und ich trotzdem in Ordnung war, so wie ich war. Und in dieser Nacht schwor ich mir selbst, mich niemals mehr als „Mülleimer“ für die Aggressionen anderer Menschen benutzen zu lassen. Ich sprach mit meiner Nachbarin mit den 3 Hunden und wir teilten die „Kehrwoche“ unter uns auf. Ich sagte auch dem Dogwalker Bescheid, der Kalle wieder aufgenommen hatte, unter der Bedingung, dass er von nun an einer langen Schleppleine lief. Er versprach, hinter sich sauber zu machen. Wenn ich nun meiner „Schrubbernachbarin“ begegne, grüße ich sie höflich, weil es ja nicht sie als Person war, die das Problem war. Das Problem war, dass ich in der Vergangenheit nicht gut zu mir selbst gewesen bin und die harte Kritik anderer meine selbstgemachte Misere noch verstärkt hat. Der Schrubber steht mittlerweile immer noch neben meiner Tür- wie ein stolzes Denkmal, das mich stets wieder daran erinnert, selbst zu mir zu stehen. Das ist die Geschichte, die ich mit Euch teilen wollte, liebe Leser.

Das ist meine Familie. Mein “Rudel” sozusagen. Und obwohl sie so unterschiedlich sind (die Meerschweinchen als Fluchttiere und Höhlenbewohner, der Hund als Raub-und Jagdtier) geben sie mir ein Gefühl von Geborgenheit und akzeptieren sich gegenseitig (langes Training mit Leckerli :)). Was ich sagen möchte ist, dass Tiere Menschen zwar nicht “ersetzen” können, dass ich jedoch seitdem ich meine “Familie” habe viel zufriedener mit dem Leben bin. Ich bin mehr damit beschäftigt, dass es meinen Tieren gut geht, bin mehr draußen in der Natur und habe so weniger Zeit darüber nachzudenken, wo mich nahestehende Menschen verletzt oder gekränkt haben oder meine Erwartungen nicht erfüllt haben. Das ist es, was meine Beziehung zu den Tieren einfacher macht: Dass ich keine Erwartungen an sie habe und dass sie mich so akzeptieren, wie ich bin-jeden Tag. Sie geben mir das Gefühl, dass es ok ist auch mal schlecht drauf zu sein oder krank zu werden. Ihre Zuneigung ist echt und wenn sie in Ruhe gelassen werden wollen, dann zeigen sie das unmittelbar. Vielleicht bin ich, seitdem ich diesen “Ruhepol” in meinem Leben habe, auch nachsichtiger mit meinen Freunden und Mitmenschen. Egal was andere tun oder nicht tun, ich bin nicht mehr allein fühle mich weniger einsam und bin durch die vielen Spaziergänge mit dem Hund mehr mit der Natur und den anderen Menschen in Kontakt. Das wollte ich mit Ihnen, liebe Leser teilen.

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