Die Schüssel lag am Boden. Kleinste Scherben waren bis in die entferntesten Ecken der Küche vorgedrungen. Ich blickte auf mein Werk der Zerstörung und fragte mich, ob es das wirklich wert sei. Ja, ich hatte keine Geduld. Und ich wollte immer alles auf einmal erledigen. Auf scheinbar endlos langen Phasen, in denen ich mich vor Reizüberflutung in mein Bett zurückzock folgte der Druck des Abarbeitens. Dabei schlug ich mir, in meiner Wut, dass ich erst jetzt dazu kam eine Schneise durch sämtliche To-Do-Listen und allem, was mir in der Wohnung unaufgeräumt in die Finger kam. So auch diese unschuldige Müsli-Schüssel. Kurz bevor ich das Haus verlassen wollte, konnte ich sie schließlich noch spülen oder? IN meiner Hektik, möglichst 5 Dinge auf einmal zu tun fiel sie mir aus der Hand. Und zersplitterte buchstäblich in Tausend Stücke. Scherben bringen Glück nicht wahr? Doch das dachte ich nicht, als ich den Hund panisch aus dem Raum schob und mir beim Aufsammeln der großen Scherben in den Finger schnitt. Wie bei einem Eiertanz umkreiste ich die einzelnen Stücke der Scherben. Wie nach Murphey’s Law, nach dem das Brot immer mit der Marmeladenseite auf den Teppich fällt, waren die Scherben sogar über die Küchenschwelle hinausgespritzt. Während ich sie zusammenfegte, fragte ich mich, ob es das wirklich wert war, dass ich mich so hetzte. Ich schien keine Geduld mit mir zu haben und sobald ich wieder „auf dem Damm“ war nach einer Reizüberflutung musste das alles jetzt noch “schnell“ gemacht werden. Wirklich schnell? Während ich nun die kleinen fiesen Scherben wegsaugte, erinnerte ich mich an den Straßenkehrer Beppo aus Michael Endes „Momo“. Er sagte: „Wenn du deine Arbeit gut und voller Freude machen willst, dann denke nicht an die ganze Straße, die noch zu machen ist, sondern nur an den nächsten Besenstrich.“

Mein Scherbenhaufen schien ihm recht zu geben: Ich brauchte viel länger, um die Scherben zusammenzufegen, als wenn ich die Schüssel stehen gelassen und später gespült hätte. Ich fragte mich, was mir denn diese ganze Hast letztendlich brachte, wenn ich dadurch wie mit Tunnelblick durchs Leben ging und hinter mir auch noch die Scherben beseitigen musste. War es wirklich wichtig, alles so schnell zu machen? Beim Autofahren, auf der Arbeit, im Haushalt, bei meinen Projekten? Ich beschloss, öfter Pausen zu machen. Und so ist auch dieser Post erst nach einiger Zeit entstanden. Ich wünsche mir, und Ihnen liebe Leser, dass wir trotz aller Herausforderungen das wesentliche in diesem kurzen Leben nicht aus den Augen verlieren: Gesundheit und Lebensfreude.

Renate Weber

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